Was ist der Pflichtteil beim Erbe?
Der Pflichtteil regelt den Anspruch der Erben auf einen bestimmten Teil des Nachlasses. Nach dem deutschen Erbrecht kann jeder frei bestimmen, an wen er vererben möchte und wer enterbt werden soll. Die einzige Ausnahme sind die so genannten Pflichterben: Nahen Angehörigen steht nach § 2303 BGB die Hälfte der gesetzlichen Erbquote zu, auch wenn sie enterbt wurden.
BGB § 2303: Pflichtteilsberechtigte; Höhe des Pflichtteils
(1) Ist ein Abkömmling des Erblassers durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen, so kann er von dem Erben den Pflichtteil verlangen. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.
(2) Das gleiche Recht steht den Eltern und dem Ehegatten des Erblassers zu, wenn sie durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind. Die Vorschrift des § 1371 bleibt unberührt.
Warum ist der Pflichtteil wichtig?
Der Pflichtteil ist ein wichtiger Aspekt bei der Verteilung des Erbes und hat sowohl für die gesetzlichen Erben als auch für enterbte Personen eine große Bedeutung.
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Wer hat Anspruch auf den Pflichtteil?
Der Pflichtteil steht den gesetzlichen Erben zu, die vom Erblasser nicht bedacht wurden. Auch enterbte Personen haben nach dem deutschen Erbrecht Anspruch auf den Pflichtteil.
Anspruch auf den Pflichtteil haben
- Ehepartner
- Kinder
Gibt es keine Ehepartner oder Kinder, oder sind diese selbst verstorben, besteht außerdem ein Pflichtteilsanspruch für
- Mutter
- Vater
- Enkel
Ausgenommen von der Pflichtteilsberechtigung werden Ehepartner, wenn die Ehe als gescheitert gilt oder die Ehe bereits geschieden wurde.
Was steht enterbten Personen zu?
Personen, die eigentlich erbberechtigt sind, vom Erblasser aber enterbt werden, steht weiterhin der Pflichtteil zu. Neben der Enterbung gibt es die Möglichkeit, auch erbberechtigte Personen vom Pflichtteil auszuschließen. Diese Pflichtteilsentziehung ist aber nur in Ausnahmen möglich, etwa wenn der Erbe am Erblasser ein Verbrechen begangen hat.
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Wie hoch ist der Pflichtteil beim Erbe?
Je nach Verwandtschaftsgrad steht den Erben ein gesetzlicher Erbteil zu. Der Pflichtteil vom Erbe beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs nach §§ 1924 ff BGB.
Es gibt jedoch Abzüge und Zuschläge, die bei der Berechnung berücksichtigt werden müssen.Bei der Berechnung des Pflichtteils für den Ehepartner spielt außerdem der gewählte Güterstand eine Rolle.
Berechnung des Pflichtteils
Die Berechnungsgrundlage für den Pflichtteil ist der Wert des Nachlasses, der zum Zeitpunkt des Erbfalls vorhanden ist. Dabei werden alle Vermögenswerte des Erblassers berücksichtigt, wie zum Beispiel Immobilien, Geldanlagen oder auch Schmuck.
Gegenstände aus dem Nachlass
Der Pflichtteilsanspruch kann nicht dazu führen, dass bestimmte Gegenstände des Nachlass herausgegeben werden müssen. Es geht beim Pflichtteil immer nur um Geldbeträge, weshalb Nachlassgegenstände immer in Geldwerte umgerechnet werden.
Wie wird der Pflichtteil geltend gemacht?
Es gibt bestimmte Fristen und Formvorschriften, die bei der Geltendmachung des Pflichtteils zu beachten sind.
Fristen und Formvorschriften
Um den Pflichtteil geltend zu machen, müssen bestimmte Fristen und Formvorschriften eingehalten werden. So muss der Anspruch innerhalb von drei Jahren nach Testamentseröffnung geltend gemacht werden, nach Ablauf dieser Frist verjährt der Pflichtteilsanspruch. Um den Pflichtteil ausgezahlt zu bekommen, muss der Erbe oder die Erbengemeinschaft schriftlich zur Auszahlung aufgefordert werden.
In besonderen Fällen kann es auch zu einem Pflichtteilsergänzungsanspruch kommen, wenn der Erblasser zu Lebzeiten Vermögen verschenkt hat. Auch ein Pflichtteilsverzicht ist möglich, wenn der Erbe auf seinen Pflichtteil verzichtet.
Pflichtteil einfordern
In der Regel wird der Pflichtteil freiwillig ausgezahlt. Wenn dem nicht so ist und der Erbe oder die Erbengemeinschaft sich weigern den Pflichtteil auszuzahlen, kann dieser über eine Pflichtteilsklage eingefordert werden. In diesem Fall wird die Auszahlung vom zuständigen Nachlassgericht angeordnet.
Sonderfälle
In besonderen Fällen kann es zu einem Pflichtteilsergänzungsanspruch kommen oder es kann ein Pflichtteilsverzicht vereinbart werden.
1.) Pflichtteilsergänzungsanspruch
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch tritt ein, wenn der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen vorgenommen hat, die den Pflichtteil mindern. In diesem Fall haben die Pflichtteilsberechtigten einen Anspruch auf eine Ergänzung des Pflichtteils. Die Höhe des Ergänzungsanspruchs richtet sich nach dem Wert der Schenkungen und danach, wie lange die Geschenke in der Vergangenheit liegen.
2.) Verzicht auf den Pflichtteil
Ein weiterer besonderer Fall ist der Pflichtteilsverzicht. Hierbei verzichtet der Pflichtteilsberechtigte freiwillig auf seinen Anspruch auf den Pflichtteil. Dies kann beispielsweise im Rahmen einer Erbauseinandersetzung geschehen.
Achtung: Der Pflichtteilsverzicht ist nur unter bestimmten Voraussetzungen wirksam und kann nicht mehr rückgängig gemacht werden.
3.) Berliner Testament
Das Berliner Testament, mit dem sich Ehepartner gegenseitig zum Alleinerben bestimmen, kann eine Strafklausel enthalten, die sich erheblich auf den Pflichtteil auswirken kann. Fordern Kinder oder Enkel ihren Pflichtteilsanspruch direkt nach dem Tod eines der beiden Elternteile, werden sie automatisch enterbt. Sie erhalten statt des vollen Erbteils nur den jeweiligen Pflichtteil. Die Strafklausel dient eigentlich dazu, dass der verbleibende Elternteil nicht durch den Erbfall in finanzielle Nöte kommen kann.
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