Kündigung wegen psychischer Erkrankung

Kündigung wegen psychischer Erkrankung

Inhalt:

Psychische Erkrankung und Arbeit

Psychische Erkrankungen können die Arbeitsfähigkeit der betroffenen Person stark beeinflussen. Ausfallzeiten und Erwerbsunfähigkeiten aufgrund psychischer Erkrankungen haben laut einer DAK-Studie in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. 

Besonders häufig kommen dabei affektive Störungen wie Depression und neurotische Störungen sowie Belastungs- und somatoforme Störungen (zu denen unter anderem Zwangsstörungen zählen) vor.

Kündigung wegen psychischer Erkrankung

Grundsätzlich können nicht nur körperliche, sondern auch psychische Erkrankungen ein Kündigungsgrund sein. Eine Kündigung aus gesundheitlichen Gründen zählt zu den personenbedingten Kündigungen, die im Kündi­gungs­schutz­ge­setz (KSchG) geregelt sind. Personenbedingte Kündigungen sind grundsätzlich immer eine Interessenabwägung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber und müssen von Fall zu Fall bewertet werden. Bei Unklarheiten kann es hilfreich sein, sich von einer Kanzlei für Arbeitsrecht beraten zu lassen.

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Kriterien für erkrankungsbedingte Kündigung

Das Kündigungsschutzgesetz stellt hohe Anforderungen an krankheitsbedingte Kündigungen, deshalb kommt es in der Praxis immer wieder vor, dass diese Kündigungen nicht wirksam sind. Es müssen drei Kriterien erfüllt sein, damit eine erkrankungsbedingte Kündigung wie zum Beispiel wegen Depression im Rahmen des Kündigungsschutzgesetzes rechtskräftig ist. 

  1. Starke Beeinträchtigung der betrieblichen Abläufe
  2. Kein leidensgerechter Arbeitsplatz möglich
  3. Negativprognose für die Zukunft

1. Starke Beeinträchtigung der betrieblichen Abläufe

Als erstes Kriterium muss der Arbeitgeber nachweisen, dass durch die erkrankte Arbeitskraft die betrieblichen Abläufe stark beeinträchtigt sind oder eine starke wirtschaftliche Belastung droht, weil beispielsweise Ersatzpersonal beschäftigt werden muss. 

Ist der Arbeitnehmer also nicht in der Lage, seiner Tätigkeit regelmäßig nachzukommen, liegt eine erste Voraussetzung für eine Kündigung wegen psychischer Erkrankung vor. Dies ist beispielsweise bei Langzeiterkrankungen der Fall, die nach aktueller Rechtsprechung länger als 18 Monate dauern. Doch auch sehr häufig wiederkehrende Kurzzeiterkrankungen können als starke Beeinträchtigung der betrieblichen Abläufe gesehen werden.

2. Kein leidensgerechter Arbeitsplatz möglich

Bevor die psychische Erkrankung eines Arbeitnehmer ein wirksamer Kündigungsgrund ist, muss der Arbeitgeber einen sogenannten leidensgerechten Arbeitsplatz anbieten, um eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses zu gewährleisten. 

Beispiele für eine leidensgerechte Arbeitsplatzgestaltung können sein: 

  • Teilzeit-Modelle, um Stress und Belastung zu reduzieren 
  • Bei Schichtdienst: keine Nachtschichten mehr
  • Versetzung in eine ander Abteilung
  • eine stufenweise Wiedereingliederung nach dem “Hamburger Modell” 


Erst wenn nachweislich kein leidensgerechter Arbeitsplatz für den erkrankten Arbeitnehmer gefunden oder geschaffen werden kann, ist das dritte Kriterium für eine Kündigung wegen psychischer Erkrankung erfüllt.

3. Negativprognose 

Das dritte Kriterium für Kündigung wegen psychischer Erkrankung ist eine negative Gesundheitsprognose. Hierfür müssen zuvor mildere Maßnahmen wie Krankschreibung, eine Kur oder Reha keinen Erfolg gezeigt haben. 

Um eine negative Gesundheitsprognose attestieren zu können, kann etwa von dem Medizinischen Dienst Bund (ehemals Medizinischer Dienst der Krankenkassen) oder einem anderen Arzt festgestellt werden, dass der erkrankte Arbeitnehmer zukünftig nicht mehr den Arbeitspflichten ohne Störungen nachkommen kann und eine Wiedereingliederung nicht möglich ist. Im Rahmen einer Kündigungsschutzklage kann durch den Arbeitnehmer beispielsweise durch seine Ärzte bewiesen werden, dass eine positive Gesundheitsprognose für die Zukunft besteht.

Kündigung wegen Erkrankung: Kriterien
Kündigung wegen psychischer Krankheit: Kriterien


Anspruch auf Arbeitslosengeld nach der Kündigung

Wer wegen einer psychischen Erkrankung gekündigt wurde, sollte sich schnellstmöglich bei der zuständigen Arbeitsagentur arbeitslos melden. Bei einer krankheitsbedingten oder personenbedingten Kündigung hat der Gekündigte in der Regel Anspruch auf Arbeitslosengeld I. Es muss auch keine Sperre des Arbeitslosengeldes befürchtet werden, denn diese Sperrzeit wird von der Agentur für Arbeit nur bei  "selbst verschuldeter" Entlassung verhängt.

Sie haben eine Kündigung erhalten? Schildern Sie uns Ihren persönlichen Fall und finden Sie heraus, ob und wie wir Ihnen helfen können. Die erste Einschätzung ist bei uns selbstverständlich kostenfrei.

Alternative zur Kündigung

Möchte der erkrankte Arbeitnehmer einer Kündigung durch den Arbeitgeber zuvorkommen, kann dieser auch selbst die Auflösung des Arbeitsverhältnisses in die Wege leiten und kündigen. Es lässt sich nicht pauschal sagen, ob selber kündigen oder gekündigt werden besser ist.

Aufhebungsvertrag 

Die erste Alternative zur Kündigung durch den Arbeitgeber ist ein Auflösungs- oder Aufhebungsvertrag, in dem der Angestellte und der Arbeitgeber einvernehmlich vereinbaren, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Dies ist sinnvoll, wenn es auch für den Arbeitnehmer nicht weiter vorstellbar ist, in dem Betrieb zu arbeiten. Zum Beispiel, wenn Arbeitsplatz-Faktoren zu der psychischen Erkrankung wie einer Depression beitragen oder ihre Symptome verstärken.

Im Rahmen eines Aufhebungsvertrags hat der Arbeitnehmer auch die Möglichkeit, eine Abfindung zu verhandeln.

Eigenkündigung

Natürlich ist auch eine Eigenkündigung unter Einhaltung der geltenden gesetzlichen Kündigungsfristen jederzeit möglich. Dies sollte aber mit Bedacht abgewogen werden, da der Arbeitnehmer in diesem Fall keinen Anspruch auf eine Abfindung hat. Zudem kann die Arbeit oftmals auch ein Schutzfaktor sein, weil sie eine Tagesstruktur und ein Gefühl der Zugehörigkeit schaffen kann.