Kündigung aus religiösen Gründen

Kündigung aus religiösen Gründen

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Arbeitsverweigerung aus religiösen Gründen 

Wenn Sie als Arbeitnehmer die Anweisungen Ihres Arbeitgebers aufgrund religiöser Überzeugungen missachten, riskieren Sie eine Kündigung. Je nach den Umständen und dem Umfang der Arbeitsverweigerung ist sowohl eine ordentliche als auch eine außerordentliche Kündigung denkbar.

Auch wenn von Angestellten nicht erwartet werden kann, dass sie aufgrund ihrer religiösen Überzeugung in schwere Gewissenskonflikte kommen, ist eine Arbeitsverweigerung in einigen Fällen angemessen. 

Der Arbeitgeber darf keine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen, wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeit aus Gewissens- oder Glaubensgründen verweigert und diese Entscheidung als schutzwürdig erachtet wird. Auch wenn eine Versetzung in eine andere Tätigkeit oder einen anderen Bereich denkbar ist, ist die Arbeitsverweigerung kein Kündigungsgrund. 

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Beispiel-Urteil 

Am 24. Februar 2011 urteilte das Bundesarbeitsgericht (2 AZR 636/09), dass ein Betrieb zunächst prüfen müsse, ob andere Tätigkeiten zur Verfügung stehen, die der Arbeitnehmer mit seinem Glauben vereinbaren kann. In dem betreffenden Fall hatte sich ein als Ladenhilfe eingestellter gläubiger Muslim geweigert, in der Getränkeabteilung tätig zu werden, weil dort unter anderem alkoholische Getränke verkauft wurden. Der Betrieb kündigte dem Mitarbeiter, was das Gericht jedoch abwies, schließlich sei es möglich, den Arbeitnehmer in anderen Bereichen einzusetzen. 

Kündigungen im Rahmen des kirchlichen Arbeitsrechts 

Das deutsche Arbeitsrecht muss bei Kündigungsklagen das kirchliche Selbstbestimmungsrecht auf kirchliche Arbeitsverhältnisse berücksichtigen. Kirchliche Träger sind arbeitsvertraglich berechtigt, den Arbeitnehmern eine kirchliche Lebensführung aufzuerlegen. 

Bei Kündigungen durch kirchliche Arbeitgeber müssen die Arbeitsgerichte bei Kündigungsschutzverfahren die kirchlichen Maßstäbe zur Bewertung der Loyalitätspflicht berücksichtigen, wenn diese für die jeweilige Tätigkeit wesentlich und gerechtfertigt sind. 

Wenn Sie wegen (angeblicher) Verletzung der kirchlichen Loyalitätsanforderungen gekündigt wurden, sollten Sie die Kündigung unbedingt von einem Anwalt für Arbeitsrecht prüfen lassen.

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Kündigung wegen Kirchenaustritt

Ein Austritt aus der Kirche kann in Einzelfällen zur Kündigung führen, allerdings sind die Voraussetzungen relativ streng. Damit ein kirchlicher Arbeitgeber wegen eines Kirchenaustritts kündigen darf, muss nachgewiesen werden, dass die Kirchenzugehörigkeit für die Tätigkeit des Arbeitnehmers entscheidend ist. Pauschale Loyalitätsanforderungen sind nicht zulässig, sondern müssen objektiv gerechtfertigt und notwendig sein.

So wäre zum Beispiel die Kündigung eines Pfarrers denkbar, wenn dieser aus der Kirche austritt. Kündigt hingegen ein kirchliches Krankenhaus eine Pflegekraft, da sie aus der Kirche austritt, ist die Kündigung mit großer Wahrscheinlichkeit nicht gerechtfertigt.

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Gleichbehandlung unabhängig von der Religion des Arbeitnehmers

Arbeitgeber dürfen Angestellte nicht allein wegen ihrer Religionszugehörigkeit unterschiedlich behandeln, es sei denn, dies ist für die konkrete Tätigkeit zwingend erforderlich, rechtmäßig und sachlich gerechtfertigt. Auch dann nicht, wenn der Arbeitgeber selbst ein kirchlicher Träger ist. 

Beispiel-Urteil 

Das Bundesarbeitsgericht urteilte 2019 (2 AZR 746/14), dass Angestellte nicht allein wegen ihrer Religionszugehörigkeit unterschiedlich behandelt werden dürfen, wenn die kirchlichen Loyalitätsanforderungen für die Tätigkeit wesentlich und gerechtfertigt sind.

Im konkreten Fall wurde die Kündigung eines katholischen Chefarztes für ungültig erklärt. Dieser wurde gekündigt, da er nach seiner Scheidung erneut geheiratet hatte – allerdings nur standesamtlich, nicht kirchlich. Laut der damaligen kirchlichen Arbeitsordnung galt dies als schwerwiegender Loyalitätsverstoß.

Muss man bei einer Bewerbung Angaben zur Religionszugehörigkeit machen?

In den meisten Fällen ist die Angabe der Konfession im Lebenslauf optional und kann weggelassen werden. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet Diskriminierung aufgrund von Religion und schützt Bewerber davor, aufgrund ihrer Konfession benachteiligt zu werden. Wird im Bewerbungsgespräch eine unzulässige Frage zur Religion gestellt, darf sie im Zweifel wahrheitswidrig beantwortet werden – ohne arbeitsrechtliche Folgen.

Kirchliche Einrichtungen dürfen in Stellenanzeige und Vorstellungsgespräch nur eingeschränkt nach der Religionszugehörigkeit fragen oder diese voraussetzen. Allerdings ist es möglich, bestimmte Eigenschaften wie Loyalität vorauszusetzen, die auch konfessionslose Bewerber erfüllen können.

Die Religionszugehörigkeit darf nur abgefragt werden, wenn sie eine zwingende Voraussetzung für die konkrete Stelle ist, etwa bei verkündungsnahen Aufgaben. 

Beispiel-Urteil 

Eine Klägerin erhielt eine Entschädigung in Höhe von 5.037,00 €, nachdem sie aufgrund fehlender Konfession im Bewerbungsverfahren abgelehnt wurde. Das Arbeitsgericht Karlsruhe sah eine Diskriminierung vorliegen, da der kirchliche Arbeitgeber nicht ausreichend darlegen konnte, warum von einer konfessionslosen Sekretariatsmitarbeiterin die Gefahr ausgehe, dass die Glaubwürdigkeit und das Ethos der Kirche beeinträchtigt würden (18.09.2020, Az.: Ca 171/19). 

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