Arbeitgeber setzt mich bei Krankheit unter Druck

Arbeitgeber setzt mich bei Krankheit unter Druck

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Gesprächspflicht während der Krankheit

Muss ich mit meinem Chef sprechen, wenn ich krankgeschrieben bin?

Wer krankgeschrieben ist, muss nicht an betrieblichen Gesprächen teilnehmen. Weder wenn der Vorgesetzte sprechen möchte, noch wenn die Kollegen das Gespräch suchen. Denn das Weisungsrecht des Arbeitgebers ruht während der Arbeitsunfähigkeit. Um ein Gespräch herbeizuführen, darf der Arbeitgeber bei einer Arbeitsunfähigkeit auch nicht mit einer Kündigung drohen oder anderweitig Druck ausüben.

Rechtsprechung

Dass Arbeitgeber erkrankte Mitarbeiter nicht zu Gesprächen drängen dürfen, bestätigt unter anderem die Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Nürnberg (Az. 7 Sa 592/14). Im verhandelten Fall wurde eine Arbeitnehmerin abgemahnt und schließlich gekündigt, da sie während einer Arbeitsunfähigkeit nicht am Personalgespräch teilgenommen hatte. Das Gericht sah die Kündigung als nicht rechtens an. 

Ausnahme: Konkrete Dringlichkeit

Nur bei konkreter Dringlichkeit und wenn der gesundheitliche Zustand des Arbeitnehmers es zulässt, kann eine Teilnahmepflicht bestehen. Das kann unter anderem der Fall sein, wenn der Betriebsablauf ohne die Mitarbeiteranwesenheit unmittelbar gefährdet wäre (zum Beispiel bei unvorhergesehenen Sicherheitsrisiken). 

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Kündigung wegen Krankheit – wann ist das erlaubt?

Eine krankheitsbedingte Kündigung ist nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich. Zunächst muss eine sogenannte negative Gesundheitsprognose vorliegen, das heißt, es ist absehbar, dass der Arbeitnehmer auch in Zukunft häufig oder dauerhaft arbeitsunfähig sein wird. Hinzu kommt, dass die Fehlzeiten zu erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen führen und keine Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer auf einem anderen, leidensgerechten Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen. Erst nach einer sorgfältigen Interessenabwägung – bei der auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit und soziale Gesichtspunkte berücksichtigt werden – darf gekündigt werden. Häufige oder längere Fehlzeiten allein reichen nicht aus.

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Kontaktaufnahme durch den Arbeitgeber während der Krankschreibung

Während einer Krankschreibung darf der Arbeitgeber grundsätzlich Kontakt aufnehmen, jedoch nur in angemessenem Umfang und bei berechtigtem Interesse. Beispielsweise kann er nachfragen, wie lange die voraussichtliche Abwesenheit dauert oder ob wichtige Informationen für den Betriebsablauf, wie Zugangsdaten für kritische Systeme, fehlen.

Die Kontaktaufnahme muss stets rücksichtsvoll erfolgen und darf die Genesung nicht gefährden. Eine ständige Erreichbarkeit ist nicht vorgeschrieben und darf auch vom Arbeitgeber nicht eingefordert werden. 

Kontaktaufnahme durch den Arbeitgeber während der Krankschreibung
Druck durch den Arbeitgeber im Krankheitsfall

Erlaubt sind:

  • Bei berechtigtem Interesse und in angemessenem Umfang Kontakt aufnehmen, etwa wenn dringende Informationen benötigt werden. 
  • Gespräche, denen der erkrankte Mitarbeiter ausdrücklich zustimmt und die nicht gesundheitsbeeinträchtigend sind. 
  • Eine ordnungsgemäße Krankmeldung und die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlangen.
  • Nachfragen, wann mit Ihrer Rückkehr zu rechnen ist.

Verboten sind:

  • Häufige Kontaktaufnahme 
  • Den erkrankten Mitarbeiter zu genereller Erreichbarkeit zwingen.
  • Kontaktaufnahme in einer Art und Weise, die die Genesung stört
  • Fragen nach detaillierten Diagnosedaten 
  • Aufforderungen zur Erledigung von Aufgaben 
  • Überwachung oder Kontaktaufnahme zur Kontrolle des erkrankten Mitarbeiters ohne ausreichenden Verdacht
  • Druckausübung, Drohungen oder die Anordnung, trotz Krankschreibung zu arbeiten.
  • Die Weitergabe sensibler Gesundheitsdaten an Dritte ohne Ihre Zustimmung.

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Abmahnung während der Krankheit

Eine Abmahnung wegen Krankheit ist grundsätzlich nicht zulässig, da eine Arbeitsunfähigkeit keine Pflichtverletzung darstellt. Eine Ausnahme besteht nur, wenn Sie Ihrer Pflicht zur unverzüglichen Krankmeldung oder zur Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht nachkommen. Auch wenn Sie während der Krankschreibung einer anderen Beschäftigung nachgehen, die Ihrer Genesung entgegensteht oder dem Arbeitgeber schadet, müssen Sie mit einer Abmahnung rechnen.

Arbeitspflicht trotz Krankschreibung?

Während einer ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit sind Sie von Ihrer Arbeitspflicht vollständig entbunden. Ihr Arbeitgeber darf Sie nicht auffordern oder gar zwingen, zur Arbeit zu erscheinen. Ein solches Verhalten verstößt gegen die Fürsorgepflicht und kann rechtliche Konsequenzen für den Arbeitgeber nach sich ziehen. 

Nicht nachvollziehbare Krankschreibung 

Selbst wenn der Arbeitgeber behauptet, die Krankheit sei „nicht nachvollziehbar“, darf er Sie nicht zur Arbeit zwingen. Das Bundesarbeitsgericht stellte 2023 klar (10 AZR 253/22), dass Atteste grundsätzlich bindend sind und Ausnahmen nur bei nachgewiesenem Missbrauch gelten. 

Arbeitspflicht bei Reha oder Kur

Auch wenn Sie sich in einer Reha oder Kur befinden, sind Sie von Ihrer Arbeitspflicht vollständig entbunden und der Arbeitgeber darf Sie nicht zur Arbeit auffordern oder drängen.

Wann ist anwaltliche Unterstützung sinnvoll?

Sobald Sie das Gefühl haben, dass Ihr Arbeitgeber Ihre Rechte massiv verletzt, sollten Sie rechtlichen Rat einholen. Dies gilt insbesondere bei wiederholtem Druck, Drohungen, unzulässigen Forderungen oder wenn eine Kündigung im Raum steht. Ein Anwalt für Arbeitsrecht kann Ihre Situation bewerten, Sie beraten und gegebenenfalls rechtliche Schritte einleiten. 

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Rechtliche Schritte bei unzumutbarem Druck

Wenn der Druck durch den Arbeitgeber zu groß wird, stehen Ihnen verschiedene rechtliche Möglichkeiten offen:

  1. Schritt: Einschaltung der Personalabteilung, des Personalrats oder des Betriebsrats
  2. Schritt: Schriftliche Beschwerde beim Arbeitgeber
  3. Schritt: Dokumentation der Vorfälle (Datum, Uhrzeit, Inhalt und gegebenenfalls Zeugen, Screenshots oder gespeicherte Nachrichten)
  4. Schritt: Gespräch mit Ihrem zuständigen Arzt, sollte sich der Druck negativ auf Ihre Gesundheit auswirken
  5. Schritt: Konsultation eines Anwalts für Arbeitsrecht für weitere Schritte

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