Wenn ein Unternehmen insolvent wird, bedeutet das nicht automatisch, dass alle Mitarbeiter gekündigt werden. Die Insolvenz selbst ist kein Kündigungsgrund. Allerdings kann es im Zuge der Insolvenz zu betriebsbedingten Kündigungen kommen, etwa wenn Teile des Betriebs stillgelegt oder umstrukturiert werden müssen. Der Insolvenzverwalter oder der Arbeitgeber in Eigenverwaltung prüft, welche Arbeitsplätze für die Fortführung des Unternehmens noch benötigt werden.
Auch in der Insolvenz gelten die normalen Kündigungsschutzregeln. Das bedeutet, dass Kündigungen sozial gerechtfertigt sein müssen. Besonders geschützte Arbeitnehmergruppen wie Schwangere oder Betriebsratsmitglieder genießen weiterhin besonderen Kündigungsschutz.
Allerdings gibt es in der Insolvenz eine Besonderheit bei den Kündigungsfristen: Ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens gilt eine maximale Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende, auch wenn im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag längere Fristen vereinbart waren.
Auch wenn eine Insolvenz allein noch keine Betriebsänderung darstellt, kann der Insolvenzverwalter eine Betriebsänderung (üblicherweise Betriebsstilllegung oder Betriebseinschränkung) planen. Dann gelten für den Sozialplan die Abfindungsregelungen nach § 123 InsO.
Grundsätzlich besteht auch bei einer Insolvenz die Möglichkeit, eine Abfindung zu erhalten. Allerdings hängt dies von verschiedenen Faktoren ab. Entscheidend ist vor allem, wann der Anspruch auf die Abfindung entstanden ist:
Wurde die Abfindung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinbart, gilt sie als einfache Insolvenzforderung. Das bedeutet, sie wird erst am Ende des Verfahrens aus der verbleibenden Insolvenzmasse anteilig mit anderen Forderungen bedient. In der Praxis führt das oft dazu, dass nur ein geringer Teil der ursprünglichen Abfindung ausgezahlt wird.
Entsteht der Abfindungsanspruch erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, etwa durch einen vom Insolvenzverwalter geschlossenen Aufhebungsvertrag, handelt es sich um eine sogenannte Masseforderung. Hier stehen die Chancen auf eine vollständige Auszahlung besser als bei der Abfindung als einfache Insolvenzforderung.
Bei Insolvenzverfahren gibt es keine gesetzlich festgelegte Abfindungshöhe oder Abfindungsformel. Die genaue Höhe der Abfindung und der Abfindungsanspruch sind von mehreren Faktoren abhängig. Grundsätzlich ist zu unterscheiden, ob der Abfindungsanspruch vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist:
Wenn der Abfindungsanspruch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist, gilt er als Insolvenzforderung. In diesem Fall sind die Chancen auf eine vollständige Auszahlung eher gering. Insolvenzforderungen werden oft nur teilweise oder gar nicht bedient, da sie mit anderen Gläubigerforderungen konkurrieren. Die durchschnittliche Insolvenzquote bei Unternehmensinsolvenzen liegt bei etwa 5 - 6 %.
Entsteht der Abfindungsanspruch erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, handelt es sich um eine Masseforderung. Diese haben bessere Chancen auf eine vollständige Auszahlung.
Auch wenn es keine feste Regel gibt, lassen sich einige Orientierungswerte nennen:
Bei diesen Werten handelt es sich lediglich um Richtwerte. Die tatsächliche Höhe einer Abfindung im Insolvenzfall kann deutlich davon abweichen und hängt von vielen Faktoren ab, wie der finanziellen Situation des Unternehmens, Ihrer Verhandlungsposition als Arbeitnehmer und den Umständen des Einzelfalls.
Neben möglichen Abfindungen haben Arbeitnehmer im Insolvenzverfahren noch weitere wichtige Ansprüche:
Für bis zu drei Monate vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens können Arbeitnehmer Insolvenzgeld bei der Agentur für Arbeit beantragen. Dies entspricht dem Nettogehalt und sichert die Existenz der Beschäftigten ab.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden die laufenden Gehälter als Masseforderungen behandelt und haben gute Chancen auf vollständige Auszahlung.
Bestehende Urlaubsansprüche bleiben erhalten. Kann der Urlaub nicht mehr genommen werden, besteht ein Anspruch auf finanzielle Abgeltung der verbliebenen Urlaubstage.
Arbeitnehmer haben auch in der Insolvenz Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis.
Im Insolvenzverfahren gibt es tatsächlich ein Sonderkündigungsrecht, allerdings nicht für die Arbeitnehmer, sondern für den Insolvenzverwalter. Nach § 113 Insolvenzordnung kann der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von maximal drei Monaten kündigen, auch wenn im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag eine längere Kündigungsfrist vereinbart war.
Dieses Sonderkündigungsrecht soll dem Insolvenzverwalter ermöglichen, das Unternehmen schneller umzustrukturieren und Kosten zu reduzieren. Es bedeutet jedoch nicht, dass der Kündigungsschutz komplett aufgehoben wird. Die Kündigung muss weiterhin sozial gerechtfertigt sein.
Wenn Ihr Arbeitgeber insolvent ist und eine vereinbarte Abfindung nicht zahlt, haben Sie verschiedene Möglichkeiten:
Die Abfindungsforderung sollte unbedingt beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle angemeldet werden. Nur so besteht die Chance, zumindest einen Teil der Abfindung zu erhalten.
Ein Anwalt für Arbeitsrecht kann prüfen, ob die Abfindung als Masseforderung eingestuft werden kann, was die Chancen auf vollständige Auszahlung erhöht.
Manchmal lässt sich mit dem Insolvenzverwalter eine Lösung finden, etwa eine Ratenzahlung oder eine Reduzierung der Abfindung gegen sofortige Auszahlung.
Als letztes Mittel kann eine Klage vor dem Arbeitsgericht in Betracht kommen. Allerdings sollten die Erfolgsaussichten und Kosten sorgfältig abgewogen werden.
Obwohl Abfindungen normalerweise nicht vom Insolvenzgeld abgedeckt sind, kann in bestimmten Fällen, etwa wenn die Abfindung als Entgelt für eine Freistellungsphase vereinbart wurde, ein Anspruch bestehen.