
Ein Zurückbehaltungsrecht ist ein rechtliches Mittel, das sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern erlaubt, ihre jeweilige Leistung so lange zurückzuhalten, bis die andere Partei ihre Vertragspflichten erfüllt. Dieses Recht ist jedoch kein Muss, sondern eine Einrede, die bewusst erklärt werden muss, damit sie wirksam wird.
Das Zurückbehaltungsrecht dient beiden Seiten im Arbeitsverhältnis als Schutzmechanismus, um Forderungen durchzusetzen. Das betrifft in den meisten Fällen die Arbeitsleistung oder den Arbeitslohn.
Nach § 273 BGB kann ein Schuldner seine Leistung verweigern, wenn er von seinem Vertragspartner eine fällige Gegenleistung erwartet.
Das bedeutet beispielsweise: Der Arbeitnehmer darf die Arbeit verweigern, wenn der Arbeitgeber seinen Lohn nicht zahlt. Umgekehrt kann der Arbeitgeber die Lohnzahlung zurückhalten, wenn der Arbeitnehmer ihm gehörende Sachen nicht herausgibt.
Wichtig ist, dass der Schuldner dem Gläubiger unmissverständlich mitteilt, dass er seine Leistung aufgrund des Zurückbehaltungsrechts zurückhält und warum er dies tut. Ohne eine solche Erklärung hat das Zurückbehaltungsrecht keine Wirkung.
Der häufigste Fall des Zurückbehaltungsrechts im Arbeitskontext ist die Zurückbehaltung von Arbeitsleistung wegen ausbleibender Gehaltszahlungen. In diesem Fall erfüllt der Arbeitgeber seine Pflicht zur Zahlung des Arbeitslohns nicht und der Arbeitnehmer kann im Rahmen des Zurückbehaltungsrechts seine Arbeitsleistung bis zur Bezahlung verweigern.
Auch wenn der Arbeitgeber gegen Arbeitsschutzvorschriften verstößt, haben Sie als Arbeitnehmer das Recht, Ihre Arbeit zurückzuhalten, um sich und Ihre Gesundheit zu schützen.
→ Wichtig: Wenn Sie allerdings die Arbeit verweigern und die Voraussetzungen für das Zurückbehaltungsrecht nicht erfüllt sind, riskieren Sie eine (fristlose) Kündigung. Daher sollten Sie von Ihrem Recht auf Zurückbehaltung nur nach Absprache mit einem Anwalt für Arbeitsrecht Gebrauch machen.
Übt der Arbeitnehmer sein Zurückbehaltungsrecht berechtigt aus, behält er seinen Anspruch auf Vergütung, auch wenn er nicht arbeitet. Der Arbeitgeber befindet sich dann im sogenannten Annahmeverzug und muss den Lohn weiterzahlen.
Der Arbeitnehmer darf von seinem Zurückbehaltungsrecht keinen Gebrauch machen, wenn
Arbeitnehmer dürfen grundsätzlich keine Sachen des Arbeitgebers zurückhalten, auch wenn sie darüber verfügen. Beispielsweise dürfen Angestellte die Home-Office-Ausstattung oder Arbeitskleidung nicht zurückbehalten. Eine Ausnahme kann für Firmenwagen bestehen, die auch zur privaten Nutzung bestimmt sind.
Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts sollte immer mit einer klaren, am besten schriftlichen Erklärung erfolgen, die den Grund und den genauen Betrag des ausstehenden Lohns nennt.
Auch der Arbeitgeber hat ein Recht auf Zurückbehaltung. In der Regel werden dann Lohnzahlungen einbehalten, etwa wenn Arbeitnehmer unentschuldigt fehlen.
Das kann auch bei Krankheit der Fall sein, wenn ein Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit nicht rechtzeitig anzeigt beziehungsweise nicht rechtzeitig nachweist. Was „rechtzeitig“ in diesem Kontext bedeutet, entnehmen Sie Ihrem Arbeitsvertrag, einer etwaig geltenden Betriebsvereinbarung oder einem geltenden Tarifvertrag.
Hier gibt es Regelungen dazu, wie, wann und wem gegenüber Arbeitsunfähigkeiten anzuzeigen sind und ab wann die Feststellung des Vorliegens einer Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt erforderlich ist (Stichwort: eAU/Krankschreibung). Wenn der Arbeitnehmer sich nicht rechtzeitig krankmeldet oder keine ärztliche Bescheinigung für eine länger dauernde Arbeitsunfähigkeit vorlegt, kann der Arbeitgeber die Lohnzahlung zurückhalten oder einbehalten, solange kein Nachweis vorliegt.
Der Arbeitgeber darf wichtige Arbeitspapiere wie Urlaubsbescheinigung, Arbeitszeugnisse oder Arbeitsbescheinigungen nicht zurückbehalten.
Egal, ob der Lohn zurückbehalten wird oder nicht, der Arbeitgeber muss stets die Sozialversicherungsbeiträge abführen. Im äußersten Fall kann die Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge sogar zu strafrechtlichen Konsequenzen für den Arbeitgeber führen.
Die Arbeitsvertragsparteien können das Zurückbehaltungsrecht vertraglich ausschließen oder einschränken, allerdings nur durch individuell ausgehandelte Vereinbarungen. Ein pauschaler Verzicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Arbeitgebers ist unwirksam.