Betriebliche Übung: Definition, Voraussetzungen und Beispiele

Betriebliche Übung: Definition, Voraussetzungen und Beispiele

Inhalt:

Was ist eine betriebliche Übung?

Betriebliche Übung definiert sich als regelmäßiges Verhalten des Arbeitgebers, von dem der Arbeitnehmer eine Weiterführung in der Zukunft erwarten kann. Dieses Verhalten besteht in der wiederholten, freiwilligen Gewährung von Leistungen, selbst wenn diese nie ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart wurden. Durch eine betriebliche Übung kommt es quasi zu einer stillschweigenden Änderung des Arbeitsvertrags. In der Praxis ist die Zahlung von Weihnachtsgeld ein häufiges Beispiel für eine betriebliche Übung. 

Es gibt jedoch auch den umgekehrten Fall: Betriebliche Übungen, auf die sich der Arbeitgeber berufen kann.

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Voraussetzungen für die betriebliche Übung

Damit eine betriebliche Übung entsteht, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

1. Voraussetzung: Regelmäßige Leistungen

Die betriebliche Übung entsteht, wenn der Arbeitgeber regelmäßig bestimmte Leistungen gewährt und der Arbeitnehmer diese annimmt. Der Zeitraum, über den diese Leistungen erbracht worden sein müssen, beträgt bei Sonderzahlungen in der Regel drei Jahre. Ab dem vierten Jahr ist die Voraussetzung für die betriebliche Übung erfüllt und Mitarbeiter können ein Recht auf die Zahlung ableiten. 

Für andere Leistungen, die keine Zahlungen sind, (etwa die private Internetnutzung während der Arbeitszeit) muss der Einzelfall betrachtet werden, um zu entscheiden, ab wann eine betriebliche Übung vorliegt.  

2. Voraussetzung: Gleichförmige Leistungen

Entscheidend ist die gleichförmige Wiederholung der Leistung. Es muss also auch immer die gleiche Art einer Leistung erbracht werden, damit eine betriebliche Übung entsteht. Die Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn der Arbeitgeber in einem Jahr ein Weihnachtsgeld zahlt und im Folgejahr ein Urlaubsgeld gezahlt wird.

3. Voraussetzung: Leistungen für eine Vielzahl von Arbeitnehmern

Betriebliche Übungen können nur entstehen, wenn die Leistungen einer Vielzahl oder einer bestimmten Gruppe von Arbeitnehmern gewährt werden. Einzelne Sondervereinbarungen sind in diesem Kontext nicht ausreichend.

Voraussetzungen für die b
Betriebliche Übung: Voraussetzungen

Keine Voraussetzung: die Höhe der Leistungen

Eine betriebliche Übung entsteht auch dann, wenn die Leistungen von schwankender Höhe sind. Also Beispielsweise wenn eine Sonderzahlung jedes Jahr unterschiedlich hoch ausfällt, aber regelmäßig gezahlt wird.

Das Bundesarbeitsgericht hatte in einem Urteil vom 13. Mai 2015 (Aktenzeichen 10 AZR 266/14) entschieden, dass auch wenn Weihnachtsgeld von immer unterschiedlicher Höhe gezahlt wurde, eine betriebliche Übung entsteht und der Arbeitnehmer damit jedes Jahr das Recht auf Zahlung eines Weihnachtsgelds hat.

Ausschluss der Betrieblichen Übung

Lange konnten Arbeitgeber die Entstehung einer betrieblichen Übung präventiv verhindern, indem sie einen Freiwilligkeitsvorbehalt in den Arbeitsvertrag aufnahmen. Theoretisch kann so verhindert werden, dass eine Leistung zur betrieblichen Übung wird. 2011 hat das Bundesarbeitsgericht (10 AZR 526/10) jedoch entschieden, dass diese Art der Klauseln im Arbeitsvertrag den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt.

Abschaffung einer bereits entstandenen betrieblichen Übung

Wenn eine betriebliche Übung bereits entstanden ist, kann sie nicht einfach rückgängig gemacht oder durch eine Betriebsvereinbarung aufgehoben werden. Der Arbeitgeber kann versuchen, eine betriebliche Übung durch Änderungskündigung oder Vertragsänderung zu beenden. Das ist allerdings nicht ohne Zustimmung des Mitarbeiters möglich.

Betriebliche Übung: Beispiele

Typische Beispiele für betriebliche Übung sind:

  • Weihnachtsgeld
  • 13. Gehalt
  • Home-Office
  • Workation
  • Sabbatical
  • Geld für Verpflegung
  • Fort­bil­dungs­kos­ten
  • Zuschüsse zu Fahrtkosten
  • Jubiläums-Sonderzahlungen oder Geschenke
  • Regelung zur Krankmeldung
  • Park­plat­z
  • Regelungen zur Pause
  • Prämien
  • Sonderzulagen
  • Urlaubsgeld
  • Urlaubsregelung
  • Nutzung von firmeneigenen Laptops

Gesetz zur betrieblichen Übung

Obwohl es kein Gesetz zur betrieblichen Übung im deutschen Arbeitsrecht gibt, ist die betriebliche Übung durch Rechtsprechung der Arbeitsgerichte fest verankert. 

Die Grundlagen der betrieblichen Übung finden sich im BGB, genauer gesagt in den Paragraphen § 145 (Vertragsschluss auch ohne explizite Erklärungen) und § 242 (Prinzip von Treu und Glauben). Dies bedeutet, dass, wenn ein Arbeitgeber regelmäßig und freiwillig bestimmte Leistungen erbringt und die Arbeitnehmer diese Leistungen annehmen, ein rechtlicher Anspruch auf die Weitergewährung dieser Leistungen entsteht, selbst wenn sie nie ausdrücklich im Arbeitsvertrag festgehalten wurden.

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