Betreuungsrecht und rechtliche Betreuung

Betreuungsrecht und rechtliche Betreuung

Inhalt:

Was ist Betreuungsrecht?

Das Betreuungsrecht wird immer dann erforderlich, wenn eine volljährige Person hilfsbedürftig ist und die eigenen Angelegenheiten nicht mehr alleine regeln. Oftmals machen eine Behinderung, eine Krankheit, ein Unfall oder nachlassende Kräfte im Alter eine rechtliche Betreuung notwendig. 

Wenn keine Vorsorgevollmacht der betroffenen Person vorliegt, bestellt das Betreuungsgericht dem Betroffenen einen rechtlichen Betreuer beziehungsweise einen Verfahrenspfleger.

Das Ziel des Betreuungsrechts ist es Menschen, die ihre Angelegenheiten nicht mehr allein besorgen können, ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen und gleichzeitig den notwendigen Schutz und die erforderliche Fürsorge zu gewähren.

Betreuungsrecht im Familienrecht

Das Betreuungsrecht ist in Deutschland Teil des Familienrechts und im Betreuungsgesetz (auch Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige oder BtG) geregelt. 

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Grundsätze des Betreuungsrechts

Das zum 1. Januar 2023 reformierte Betreuungsrecht wird von vier Grundsätzen bestimmt: Den Grundsätzen der Erforderlichkeit, der Selbstbestimmung, der persönlichen Betreuung und des Vorrangs der ehrenamtlichen Betreuung.

Erforderlichkeit 

Die rechtliche Betreuung geht nur so weit und so lange wie erforderlich. Wenn andere Hilfen ausreichend und verfügbar sind, werden diese eingesetzt.

Selbstbestimmung

Der rechtliche Betreuer muss sich an den Wünschen und dem Wille des Betreuten orientieren. Im Mittelpunkt der Betreuung steht das selbstbestimmte Leben der betreuten Person.

Persönlichen Betreuung 

Nur wenn die Betreuung auch persönlich ist, kann der rechtliche Betreuer die Wünsche und Vorstellungen des Betreuers bei der Erledigung der Angelegenheiten berücksichtigen.

Vorrangs der ehrenamtlichen Betreuung

Ein Berufsbetreuer wird nur dann bestimmt, wenn keine Person zur Verfügung steht, die die rechtliche Betreuung ehrenamtlich übernimmt.

Wer kann Betreuer werden?

Grundsätzlich kann jeder Betreuer werden, es ist keine spezielle Berufsausbildung oder Zertifizierung notwendig. 

Voraussetzung für die Registrierung als Berufsbetreuer ist seit dem 1. Januar 2023 neben der persönlichen Eignung und Zuverlässigkeit, insbesondere der Nachweis einer ausreichenden Sachkunde. Häufig wird die Betreuung von Rechtsanwälten übernommen oder aber auch von Sozialarbeitern, Altenpflegern, Krankenpflegern oder Verwaltungsfachleuten.

Wann kommt eine rechtliche Betreuung in Betracht?

Das Betreuungsrecht sieht vor, dass für volljährige Betroffene gerichtlich ein Betreuer bestellt werden kann, wenn er nicht fähig ist, alltägliche Angelegenheiten zu besorgen. Grund für die Einschränkung können sowohl psychische Erkrankungen, als auch geistige, seelische oder körperliche Behinderungen sein.

Was macht ein Anwalt für Betreuungsrecht?

Rechtsanwälte für Betreuungsrecht sind in der Regel selbstständige Berufsbetreuer. Sie werden immer dann eingesetzt, wenn sich kein ehrenamtlicher Betreuer finden lässt. Alle rechtlich verbindlichen Aufgaben, die der Betreute nicht mehr alleine erledigen kann, werden dann vom Anwalt für Betreuungsrecht übernommen. Der genaue Umfang der Aufgaben wird vom Betreuungsgericht bestimmt.

Zu den Aufgaben eines Anwalts für Betreuungsrecht können unter anderem gehören:

  • Entscheidungen über medizinische Behandlungen, 
  • wenn eine Versorgung in der Wohnung nicht mehr möglich ist, die Suche nach dem geeigneten Wohnort, 
  • Vermögensverwaltung, 
  • die Erledigung der Bankgeschäfte und Vertretung in anderen vermögensrechtlichen Angelegenheiten
  • Abschluss oder Kündigung von Versicherungsverträgen
  • Abschluss oder Kündigung von Mietverträgen

Gerichtliches Verfahren im Betreuungsrecht 

Im sogenannten Betreuungsverfahren bestellt das zuständige Betreuungsgericht einen Verfahrenspfleger, zum Beispiel einen Rechtsanwalt oder einen geeigneten Verwandten. Der Verfahrenspfleger soll den Betroffenen im Verfahren unterstützen und dem Gericht die für das gerichtliche Verfahren relevanten Anliegen des Betroffenen mitteilen.

Antrag auf Betreuung

Das betreuungsrechtliche Verfahren beginnt entweder durch einen Antrag des Betroffenen oder von Amts wegen, also wenn das zuständige Betreuungsgericht durch einen Sachverhalt darauf aufmerksam gemacht wird, dass eine Betreuung in Betracht kommt oder dies beim Betreuungsgericht angeregt wird.

Anhörung

Bei der Anhörung werden die persönliche, gesundheitliche und soziale Situation des Betroffenen sowie die Erforderlichkeit einer Betreuung und die möglichen rechtlichen Betreuer in Erfahrung gebracht. In der Regel wird die betroffene Person persönlich angehört, es können aber auch ergänzend Angehörige oder nahestehende Personen angehört werden.

Gutachten

Die Bestellung eines rechtlichen Betreuers bedarf eines Sachverständigengutachten zur Notwendigkeit der Betreuung. Dabei muss der Sachverständige den Betroffenen persönlich befragen und untersuchen. In einigen wenigen Fällen ist auch ein ärztliches Zeugnis ausreichend.

Bestellung eines Betreuers

Das Gericht sucht einen Betreuer an erster Stelle nach den Wünschen des Betroffenen aus. Sollte dieser keinen Wunschbetreuer haben, kommen Familienmitglieder und Partner in Frage. Wenn sich dort keine geeignete Person findet, werden ehrenamtliche Betreuer in Betracht gezogen. Wenn keine der vorherigen Optionen umsetzbar ist, wird die Betreuung von einem Berufsbetreuer, einem Behördenbetreuer oder einem Vereinsbetreuer übernommen.

Bekanntmachung und Betreuer-Urkunde 

Die Entscheidung des Betreuungsgerichts muss sowohl dem Betroffenen und dem Betreuer als auch dem Verfahrenspfleger und der Betreuungsbehörde bekannt gegeben werden. Der Betreuer wird mündlich vom Gericht verpflichtet und erhält eine betreuungsrechtliche Urkunde.

Einstweilige Anordnung 

Wenn über die Betreuung zeitnah entschieden werden muss, kann das Betreuungsgericht über eine einstweilige Anordnung in einem vereinfachten Verfahren einen vorläufigen Betreuer bestellen. Das Betreuungsrecht begrenzt die Gültigkeit der Betreuung bei einstweiliger Anordnung auf sechs Monate. 

Regelmäßige Überprüfung 

Seit dem 1. Januar 2023 wurde geregelt, dass Betreuungen und Einwilligungsvorbehalte spätestens alle fünf Jahre gerichtlich überprüft werden müssen. Vor dem 1. Januar 2023 waren es alle 7 Jahre.

Kosten des Verfahrens 

Der Betroffene hat die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) zu tragen, wenn ein Betreuer bestellt wird. Allerdings werden Kosten nur ab einem bestimmten Mindestvermögen erhoben. Wenn es um die Unterbringung des Betroffenen geht, fallen keine Gebühren an. 

Betreuungsrecht 2023

Seit dem 1. Januar 2023 gilt die Betreuungsrechtsreform (auch: Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts) in Kraft. Mit der Gesetzesänderungen sollten einerseits die rechtlichen Regelungen neu strukturiert werden und andererseits die Autonomie und Selbstbestimmung der Betroffenen stärker in den Fokus rücken.

Einige inhaltlich Änderungen der Reform im Betreuungsrecht in der Übersicht

  • Umfang der Betreuung nach individuellem Unterstützungsbedarf anstatt nach den Defiziten
  • Bessere Information der betroffenen Person über das betreuungsrechtliche Verfahren
  • Stärkere Einbindung der betroffenen Person in das betreuungsrechtliche Verfahren
  • Einführung einer „erweiterten Unterstützung“: Maßnahmen, die eine betroffene Person bei der Alltagsbewältigung unterstützen, aber eine rechtliche Vertretung vermeiden
  • Verbesserung der Betreuungsqualität durch engere Anbindung der ehrenamtlichen Betreuer an Betreuungsvereine
  • Keine Zwangssterilisationen von betreuten Personen (bisher war ausreichend, dass der Sterilisation nicht widersprochen wurde)
  • Bessere finanzielle Förderung von Betreuungsvereinen
  • Einführung von Kriterien für die Eignung der beruflichen Betreuer 
  • Pflicht zur Registrierung für berufliche Betreuer 
  • Betreute können selbst bei Gericht Anträge stellen, Erklärungen abgeben und gegen Gerichtsentscheidungen vorgehen
  • Post von Gerichten oder von Behörden wird an Betreute und Betreuer versendet
  • Befristung der Betreuungsstelle auf ein Maximum von fünf Jahren

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