Die Bedarfsgemeinschaft ist eine Personen-Gemeinschaft, die zusammen wirtschaftet und lebt. Besonders beim Bezug von Bürgergeld (vormals ALG II) spielt der Rechtsbegriff eine zentrale Rolle. Obwohl das Wort „Gemeinschaft“ etwas anderes suggeriert, ist bereits dann von einer Bedarfsgemeinschaft die Rede, wenn ein Antragsteller allein lebt und seinen Haushalt eigenständig führt. Wenn diese Person mit anderen Menschen zusammenlebt, wird davon ausgegangen, dass diese eine wechselseitige Verantwortung füreinander übernehmen.
Definition: Bedarfsgemeinschaft
Der Rechtsbegriff der Bedarfsgemeinschaft wird aus diesem Grund meistens angewandt auf:
- Ehepartner, welche nicht dauerhaft getrennt leben,
- eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartner, die nicht dauerhaft getrennt leben, sowie
- Personen, die in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft („eheähnliche Gemeinschaft“) zusammenleben.
Die Bedarfsgemeinschaft ist im Sozialgesetzbuch II (SGB II) näher geregelt.
Zur Bedarfsgemeinschaft gehören ferner Kinder unter 25 Jahren, sofern diese unverheiratet und erwerbsfähig sind, sowie ihren Lebensunterhalt nicht aus ihrem eigenen Einkommen bestreiten können. Zum Einkommen von Kindern gehören typischerweise Kindergeld, Bafög, Unterhaltsleistungen und Ausbildungsvergütungen.
Bei der Berechnung des Anspruchs auf Transferleistungen ist immer entscheidend, über wie viel Einkommen und Vermögen die Bedarfsgemeinschaft insgesamt verfügt. Es werden nicht nur die finanziellen Mittel des Antragstellers berücksichtigt. Wenn ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Einkommen oder Vermögen hat, muss dieses unter Umständen für die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aufkommen. In der Regel sind das Einkommen und das Vermögen von Kindern hiervon ausgenommen.
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Wer ist Mitglied der Bedarfsgemeinschaft?
Bei einer Bedarfsgemeinschaft handelt es sich um eine Gruppe von Personen, die im selben Haushalt leben und gemeinsam wirtschaften. Zu einer solchen Gemeinschaft gehört gemäß §7 SGB II mindestens eine Person, die staatliche Leistungen empfängt. Es wird davon ausgegangen, dass jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaften seinen (finanziellen) Beitrag zur Deckung des Gesamtbedarfs leistet. In diesem Kontext ist häufig von der sogenannten Einstandspflicht die Rede. Lediglich bei Kindern wird dies nicht vorausgesetzt.
Bedarfsgemeinschaften lassen sich differenzieren nach Regelleistungs-Bedarfsgemeinschaften und sonstigen Gemeinschaften. Haushalts- und Zweckgemeinschaften (wie zum Beispiel studentische Wohngemeinschaften) sind immer Ausnahmen. Wer mit Freunden, Bekannten, Kommilitonen oder auch mit Angehörigen zusammenlebt, bildet zunächst eine Haushaltsgemeinschaft. Bei einer Haushaltsgemeinschaft wird jeder Person nur ihr eigenes Einkommen und Vermögen angerechnet. Theoretisch kann es also sein, dass mehrere Bedarfsgemeinschaften in einer Haushaltsgemeinschaft leben.
Welche Personen zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören und welche nicht, ist im Sozialgesetzbuch geregelt. Gemäß § 7 Abs. 3 SGB II gehören folgende Personen nicht zu einer Bedarfsgemeinschaft:
- Kinder über 25 Jahre
- Kinder bis 25 Jahre (wenn diese zum Beispiel bereits verheiratet sind und / oder eigene Kinder versorgen)
- Großeltern und Enkel
- Onkel und Tanten
- Nichten und Neffen
- Pflegeeltern und Pflegekinder
- Geschwister (die ohne Eltern zusammenleben)
- verschwägerte und sonstige Verwandte
- Mitglieder einer Wohngemeinschaft (WG)
Formen der Bedarfsgemeinschaft
Grundsätzlich kann zwischen fünf Formen von Bedarfsgemeinschaften unterschieden werden:
- Single-Bedarfsgemeinschaften
- Alleinerziehende-Bedarfsgemeinschaften
- Paar-Bedarfsgemeinschaften ohne Kind(er)
- Paar-Bedarfsgemeinschaften mit Kind(ern) und
- sonstige Gemeinschaften
Um zu ermitteln, um welche Art von Bedarfsgemeinschaften es sich handelt, werden alle Personen einbezogen. Neben der Zusammensetzung der Gemeinschaft wird dabei auch ein Augenmerk auf weitere Merkmale, wie zum Beispiel das Alter und die Stellung der einzelnen Personen (Hauptperson/Paar, minderjähriges (unverheiratetes) Kind, volljähriges (unverheiratetes) Kind unter 25 Jahren) gelegt.
Bei den Alleinerziehenden- beziehungsweise Paar-Bedarfsgemeinschaften mit Kind(ern) bleiben nur Kinder unter 25 Jahren, die unverheiratet sind, unberücksichtigt. In Paar-Bedarfsgemeinschaften ohne Kind(er) können durchaus ein oder mehrere volljährige Kinder leben.
Wenn Bedarfsgemeinschaften wegen ihrer Zusammensetzung nicht eindeutig einem Bedarfsgemeinschafts-Typ zugeordnet werden können, werden diese als „nicht zuordenbare Gemeinschaft“ definiert. Auch kann es passieren, dass aufgrund von fehlenden Informationen zu den Mitgliedern (beispielsweise wegen fehlender Angaben zum Alter) eine Ermittlung der Art der Bedarfsgemeinschaften nicht möglich ist.
Jede Bedarfsgemeinschaft muss eine Vertreterin oder einen Vertreter gegenüber dem Jobcenter benennen. Der Vertreter ist nicht nur dazu berechtigt, die Leistungen zu beantragen, sondern diese auch entgegenzunehmen. Adressat der Bewilligungsbescheide und des sonstigen Schriftverkehrs für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ist aus diesem Grund der vermutete Bevollmächtigte.
Kriterien für die Bewilligung und Höhe von Sozialleistungen
Die finanzielle Situation aller Mitglieder der Gemeinschaft hat großen Einfluss auf die Höhe des Bürgergelds (vormals: Arbeitslosengeld II bzw. Hartz VI). Um den genauen Bedarf zu ermitteln, bezieht das Jobcenter das Einkommen und das Vermögen aller Personen ein.
Als erwerbsfähig gelten Personen im Alter zwischen 15 Jahren und 65 bis 67 Jahren (abhängig vom Geburtsjahrgang beziehungsweise dem Renteneintrittsalter). Kinder bis 14 Jahren gelten nicht als erwerbsfähig. Für Kinder unter 14 Jahre werden Leistungen in Form von Sozialgeld erbracht.
Bei Bedarfsgemeinschaften wird, ausgehend von zwei Leistungsberechtigten, aktuell ein Regelsatz von 506,00 € angesetzt (Stand 2024). Bei zwei Anspruchsberechtigten wird eine Kürzung der Leistungen vorgenommen. Beide Personen erhalten jeweils 90 % des Regelbedarfs.
Die Regelsätze der Kinder hingegen werden nicht gekürzt und betragen aktuell:
- für Kinder bis 6 Jahre: 357,00 € (seit 1. Januar 2024)
- für Kinder zwischen 6 und 14 Jahren: 390,00 € (seit 1. Januar 2024)
- für Kinder/Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren: 471,00 € (seit 1. Januar 2024)
Wenn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt werden, stehen jedem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zusätzlich auch sämtliche Mehrbedarfe zu. Der Warmwasser-Mehrbedarf wird anteilsmäßig pro Kopf gezahlt. Ein typisches Beispiel für einen Mehrbedarf ist, dass Schwangeren ab der 13. Schwangerschaftswoche bis zur Entbindung ein Mehrbedarfszuschlag gezahlt wird. Dieser Zuschlag soll zum Beispiel erhöhte Kosten für die Körperpflege sowie Fahrten zum Arzt decken.
Bedarfsgemeinschaft: Häufige Sonderfälle
Bei einer Bedarfsgemeinschaft treten folgende Sonderfälle relativ häufig auf:
Sonderfall 1: Getrennt lebende Eltern: Temporäre Bedarfsgemeinschaft
Empfänger von Sozialhilfe, die sich das Sorgerecht für ein gemeinsames Kind teilen, können gegebenenfalls eine temporäre Bedarfsgemeinschaft bilden. Diese Form der Bedarfsgemeinschaft liegt vor, wenn das Kind nur hin und wieder bei einem Elternteil lebt. Für jeden Tag, an dem das Kind mehr als zwölf Stunden bei einem Elternteil ist, kann dieser auf Antrag gemäß einer Entscheidung des Bundessozialgerichts anteilig pro Tag 1/30 des Regelsatzes beziehen.
Sonderfall 2: Umzug/Auszug einer Person aus der Bedarfsgemeinschaft
Wer durch einen Umzug die Bedarfsgemeinschaft verlässt, wird nicht mehr zu dieser gezählt. Entsprechend berechnet das Jobcenter einen neuen Bedarf. Dabei werden Einkommen und Vermögen der verbliebenen Mitglieder berücksichtigt. Der Umzug muss dem Jobcenter umgehend gemeldet werden. Sollte es sich bei der Person, die auszieht, um den Vertreter der Gemeinschaft handeln, muss schnellstmöglich ein neuer Vertreter benannt werden.
Eine Bedarfsgemeinschaft kann auch vollständig aufgelöst werden. Dieser Fall tritt beispielsweise dann ein, wenn sich ein Paar aus einer Paar-Bedarfsgemeinschaft ohne Kind(er) trennt und beide Personen eine neue Erwerbstätigkeit aufnehmen.
Sonderfall 3: Ein Jahr auf Probe
Wenn zwei unverheiratete Leistungsempfänger zusammenziehen, geht das Jobcenter nicht automatisch von einer Bedarfsgemeinschaft aus. Aus diesem Grund wird den zwei unverheirateten Leistungsempfängern ein Jahr in einer Bedarfsgemeinschaft auf Probe gewährt. Nach Ablauf dieser Frist wird die Probezeit in eine reguläre Bedarfsgemeinschaft umgewandelt. Die Folge ist, dass das Paar weniger Bürgergeld erhält. Dann hat das Paar einen Anspruch auf den Regelbedarf für Mitglieder von Bedarfsgemeinschaften.
BG-Nummer
Bei der Bedarfsgemeinschaftsnummer, kurz BG-Nummer, handelt es sich um die wichtigste Information, welche für die Kommunikation mit dem Jobcenter benötigt wird. Alle Dokumente, die eingereicht werden, sowie alle Vorgänge innerhalb des Jobcenters werden mit der BG-Nummer verknüpft, um diese zuzuordnen. Wenn Leistungsempfänger Fragen zu ihren Bewilligungsbescheiden haben, werden diese zuerst nach ihrer individuellen BG-Nummer gefragt.
BG-Nummer oder Kundennummer?
Sowohl BG-Nummer als auch Kundennummer sind wichtige Identifikationsnummern des Jobcenters. Wenn zur Bedarfsgemeinschaft mehrere Personen gehören, haben alle dieselbe BG-Nummer. Damit unterscheidet sich die BG-Nummer zur Kundennummer, denn jede einzelne Person, egal ob in einer Bedarfsgemeinschaft oder nicht, erhält eine persönliche und einmalige Kundennummer.
Wo ist die BG-Nummer zu finden?
Die BG-Nummer wird Leistungsempfängern oft schon direkt bei der Antragstellung mitgeteilt. Auch wenn es unter Umständen dauern kann, bis Sie ihre Bedarfsgemeinschaftsnummer erhalten, bekommen Sie sofort Ihre Kundennummer. Ihre BG-Nummer und auch Ihre Kundennummer finden Sie immer auf allen Schriftstücken, die Sie vom Jobcenter erhalten.
Bilden Sie eine neue Bedarfsgemeinschaft, weil Sie zum Beispiel geheiratet haben und zusammenziehen, müssen Sie die Erteilung einer neuen BG-Nummer beim zuständigen Jobcenter beantragen.
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