Anhörungsbogen

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Was genau ist ein Anhörungsbogen?

Mit dem Anhörungsbogen haben Betroffene im Bußgeldverfahren die Möglichkeit, sich zu einem vorgeworfenen Verkehrsverstoß zu äußern. Er dient dazu, das in Artikel 103 des Grundgesetzes verankerte Recht auf rechtliches Gehör zu gewährleisten. Anders als der Bußgeldbescheid dient der Anhörungsbogen nicht der Sanktion, sondern der Aufklärung des Sachverhalts und der Wahrung des rechtlichen Gehörs.

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Was bedeutet es, wenn man einen Anhörungsbogen bekommt?

Die Zusendung eines Anhörungsbogens bedeutet, dass die Behörde Ermittlungen zu einer Ordnungswidrigkeit durchführt. Er dient der Sachverhaltsaufklärung und bedeutet nicht zwangsläufig, dass ein Bußgeldbescheid erlassen wird.

Zudem unterbricht die Bekanntgabe an den Betroffenen die Verjährungsfrist, wie das Bayerische Oberste Landesgericht in einem Beschluss vom 30. September 2021 (Az. 201 ObOWi 1165/21) festgestellt hat. Die Verjährungsfrist beginnt nach der Unterbrechung neu zu laufen.

Wann kommt der Anhörungsbogen?

  • Der Anhörungsbogen wird in der Regel ein bis drei Wochen nach dem Verkehrsverstoß von der Bußgeldbehörde verschickt. 
  • Nur wenn die Behörde bereits festgestellt hat, dass Täter und Halter übereinstimmen, kann direkt ein Bußgeldbescheid verschickt werden. 
  • Ist die Ordnungswidrigkeit länger als drei Monate her und die Bußgeldstelle hat noch nicht reagiert, kann eine Verjährung eingetreten sein. Allerdings kann die Verjährung durch behördliche Maßnahmen unterbrochen worden sein, wodurch eine neue Verjährungsfrist beginnt.

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Was sollte ich tun, wenn ich keinen Bußgeldbescheid erhalten habe?

Wenn Sie keinen Anhörungsbogen erhalten haben und unsicher sind, ob ein Verfahren gegen Sie läuft, empfiehlt sich eine rechtliche Beratung durch einen Anwalt für Verkehrsrecht. Dieser kann prüfen, ob Fristen eingehalten wurden oder ob ein Einspruch sinnvoll ist.

Direkter Bußgeldbescheid

Wenn Sie keinen Anhörungsbogen erhalten haben, sondern direkt ein Bußgeldbescheid zugestellt wurde, haben Sie die Möglichkeit, innerhalb von zwei Wochen Einspruch einzulegen (§ 67 OWiG). Wenn die Polizei vor Ort eine Anhörung durchgeführt hat oder die Identität des Fahrers anderweitig eindeutig festgestellt werden konnte, muss der Anhörungsbogen nicht versendet werden.

Verjährung

Wenn Sie innerhalb von 3 Monaten weder einen Anhörungsbogen noch einen Bußgeldbescheid erhalten, könnte eine Verjährung vorliegen. Allerdings kann die Verjährung durch behördliche Maßnahmen unterbrochen werden, wodurch eine neue Frist beginnt. 

Hinweis: Nach § 26 Abs. 3 StVG b Verjährungsfrist beträgt  Ordnungswidrigkeiten 3 Monate, soweit  ird.

Versendet, aber nicht zugestellt

Sollte der Anhörungsbogen nicht zugestellt worden sein, kann dies im Verfahren relevant werden. Die Behörde muss nachweisen, dass der Anhörungsbogen tatsächlich versendet wurde. Fehlt dieser Nachweis, könnte dies zu einer Einstellung des Verfahrens führen. Zudem ist die bloße Versendung nicht ausreichend – maßgeblich ist die nachweisbare Bekanntgabe an den Betroffenen.

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Wann kommt der Bußgeldbescheid?

Zwischen dem Versand des Anhörungsbogens und dem Versand des Bußgeldbescheids vergehen in der Regel maximal 3 Monate. Dies liegt daran, dass der Anhörungsbogen die ursprüngliche Verjährungsfrist von drei Monaten unterbricht und von Neuem beginnen lässt. 

  1. Mit dem Verkehrsverstoß beginnt eine 3-monatige Verjährungsfrist.
  2. Der Anhörungsbogen unterbricht diese Frist.
  3. Ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Anhörungsbogens beginnt eine neue dreimonatige Frist.

Innerhalb dieser neuen Frist muss die Behörde den Bußgeldbescheid zustellen, um eine Verjährung zu verhindern. Sollte nach Ablauf der drei Monate kein Bußgeldbescheid zugestellt worden sein, könnte der Verstoß verjährt sein. In diesem Fall können Sie (beziehungsweise Ihr Anwalt) gegen den Bußgeldbescheid Einspruch einlegen und sich auf die eingetretene Verjährung berufen.

Was steht im Anhörungsbogen?

Ein Anhörungsbogen enthält üblicherweise 

  • Aktenzeichen oder Vorgangsnummer
  • Kontaktdaten der zuständigen Behörde
  • Persönliche Angaben zum Beschuldigten (entweder des Fahrers oder des Fahrzeughalters) 
  • Art des Verkehrsverstoßes (zum Beispiel Geschwindigkeitsüberschreitung oder Rotlichtverstoß)
  • Beweismittel wie Blitzerfoto oder Namen von Zeugen 
  • Genauer Ort und Zeitpunkt des Vorfalls
  • Bei Geschwindigkeitsübertretungen: gemessene und zulässige Geschwindigkeit
  • Gegebenenfalls Informationen zu möglichen Konsequenzen wie Bußgeld oder Fahrverbot. Allerdings muss die genaue Höhe des Bußgelds im Anhörungsbogen nicht genannt werden, da sein Zweck die Sachverhaltsaufklärung und nicht die Festsetzung der Sanktionen ist.
  • Hinweise auf das Recht zur Stellungnahme, die Freiwilligkeit der Angaben zur Sache, das Zeugnisverweigerungsrecht und mögliche Folgen bei Nichtbeantwortung (z. B. Fahrtenbuchauflage)

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Muster-Anhörungsbogen
Muster-Anhörungsbogen

Sollte man einen Anhörungsbogen ausfüllen oder nicht? 

Grundsätzlich besteht keine Pflicht, Angaben zu der vorgeworfenen Ordnungswidrigkeit zu machen. Das Ausfüllen des Anhörungsbogens ist freiwillig und niemand muss sich selbst belasten. Allerdings sind Sie verpflichtet, Angaben zur eigenen Person zu vervollständigen oder zu korrigieren, falls diese unvollständig oder fehlerhaft sind (§ 111 OWiG).

  • Es kann sinnvoll sein, den Anhörungsbogen auszufüllen, wenn Sie den Vorwurf entkräften oder mildernde Umstände geltend machen möchten. Auch wenn Sie nicht selbst gefahren sind, sondern lediglich Halter des Fahrzeugs, sollten Sie dies den Behörden mitteilen. 
  • Wenn Sie den Anhörungsbogen ignorieren, hat dies in der Regel keine direkten negativen Folgen, allerdings wird die Behörde dann einen Bußgeldbescheid ohne Ihre Stellungnahme erlassen. Hinweis: In bestimmten Fällen kann bei Schweigen eine Fahrtenbuchauflage (§ 31a StVZO) drohen, wenn der Fahrer nicht ermittelt werden kann.

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Ausfüllen des Anhörungsbogens

Machen Sie beim Ausfüllen des Anhörungsbogens nur Angaben, die der Wahrheit entsprechen. Wer falsche Angaben macht, kann mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren bestraft werden. Präzisierung: Dies gilt nur, wenn eine falsche Aussage etwa eine Straftat darstellt – z. B. falsche Verdächtigung (§ 164 StGB). Falsche Angaben ohne Vorsatz oder ohne Relevanz für ein Strafverfahren sind nicht zwingend strafbar.

Beschränken Sie sich auf das Wesentliche, um sich nicht unnötig selbst zu belasten. In Zweifelsfällen ist es ratsam, rechtlichen Rat bei einem Anwalt für Verkehrsrecht einzuholen.

Unterschied zwischen Anhörungsbogen und Zeugenfragebogen

Der Hauptunterschied besteht darin, dass ein Anhörungsbogen an den mutmaßlichen Täter geschickt wird, wenn die Behörde glaubt, den Fahrer bereits identifiziert zu haben. Ein Zeugenfragebogen hingegen wird verschickt, um den Fahrer ausfindig zu machen, wenn unklar ist, wer gefahren ist. Der Zeugenfragebogen geht in der Regel an den Fahrzeughalter.

➜ Der Zeugenfragebogen verpflichtet zur wahrheitsgemäßen Aussage über andere Personen, nicht zur Selbstbelastung.

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