Mit dem Anhörungsbogen haben Betroffene im Bußgeldverfahren die Möglichkeit, sich zu einem vorgeworfenen Verkehrsverstoß zu äußern. Er dient dazu, das in Artikel 103 des Grundgesetzes verankerte Recht auf rechtliches Gehör zu gewährleisten. Anders als der Bußgeldbescheid dient der Anhörungsbogen nicht der Sanktion, sondern der Aufklärung des Sachverhalts und der Wahrung des rechtlichen Gehörs.
Die Zusendung eines Anhörungsbogens bedeutet, dass die Behörde Ermittlungen zu einer Ordnungswidrigkeit durchführt. Er dient der Sachverhaltsaufklärung und bedeutet nicht zwangsläufig, dass ein Bußgeldbescheid erlassen wird.
Zudem unterbricht die Bekanntgabe an den Betroffenen die Verjährungsfrist, wie das Bayerische Oberste Landesgericht in einem Beschluss vom 30. September 2021 (Az. 201 ObOWi 1165/21) festgestellt hat. Die Verjährungsfrist beginnt nach der Unterbrechung neu zu laufen.
Wenn Sie keinen Anhörungsbogen erhalten haben und unsicher sind, ob ein Verfahren gegen Sie läuft, empfiehlt sich eine rechtliche Beratung durch einen Anwalt für Verkehrsrecht. Dieser kann prüfen, ob Fristen eingehalten wurden oder ob ein Einspruch sinnvoll ist.
Wenn Sie keinen Anhörungsbogen erhalten haben, sondern direkt ein Bußgeldbescheid zugestellt wurde, haben Sie die Möglichkeit, innerhalb von zwei Wochen Einspruch einzulegen (§ 67 OWiG). Wenn die Polizei vor Ort eine Anhörung durchgeführt hat oder die Identität des Fahrers anderweitig eindeutig festgestellt werden konnte, muss der Anhörungsbogen nicht versendet werden.
Wenn Sie innerhalb von 3 Monaten weder einen Anhörungsbogen noch einen Bußgeldbescheid erhalten, könnte eine Verjährung vorliegen. Allerdings kann die Verjährung durch behördliche Maßnahmen unterbrochen werden, wodurch eine neue Frist beginnt.
Hinweis: Nach § 26 Abs. 3 StVG b Verjährungsfrist beträgt Ordnungswidrigkeiten 3 Monate, soweit ird.
Sollte der Anhörungsbogen nicht zugestellt worden sein, kann dies im Verfahren relevant werden. Die Behörde muss nachweisen, dass der Anhörungsbogen tatsächlich versendet wurde. Fehlt dieser Nachweis, könnte dies zu einer Einstellung des Verfahrens führen. Zudem ist die bloße Versendung nicht ausreichend – maßgeblich ist die nachweisbare Bekanntgabe an den Betroffenen.
Zwischen dem Versand des Anhörungsbogens und dem Versand des Bußgeldbescheids vergehen in der Regel maximal 3 Monate. Dies liegt daran, dass der Anhörungsbogen die ursprüngliche Verjährungsfrist von drei Monaten unterbricht und von Neuem beginnen lässt.
Innerhalb dieser neuen Frist muss die Behörde den Bußgeldbescheid zustellen, um eine Verjährung zu verhindern. Sollte nach Ablauf der drei Monate kein Bußgeldbescheid zugestellt worden sein, könnte der Verstoß verjährt sein. In diesem Fall können Sie (beziehungsweise Ihr Anwalt) gegen den Bußgeldbescheid Einspruch einlegen und sich auf die eingetretene Verjährung berufen.
Ein Anhörungsbogen enthält üblicherweise
Grundsätzlich besteht keine Pflicht, Angaben zu der vorgeworfenen Ordnungswidrigkeit zu machen. Das Ausfüllen des Anhörungsbogens ist freiwillig und niemand muss sich selbst belasten. Allerdings sind Sie verpflichtet, Angaben zur eigenen Person zu vervollständigen oder zu korrigieren, falls diese unvollständig oder fehlerhaft sind (§ 111 OWiG).
Machen Sie beim Ausfüllen des Anhörungsbogens nur Angaben, die der Wahrheit entsprechen. Wer falsche Angaben macht, kann mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren bestraft werden. Präzisierung: Dies gilt nur, wenn eine falsche Aussage etwa eine Straftat darstellt – z. B. falsche Verdächtigung (§ 164 StGB). Falsche Angaben ohne Vorsatz oder ohne Relevanz für ein Strafverfahren sind nicht zwingend strafbar.
Beschränken Sie sich auf das Wesentliche, um sich nicht unnötig selbst zu belasten. In Zweifelsfällen ist es ratsam, rechtlichen Rat bei einem Anwalt für Verkehrsrecht einzuholen.
Der Hauptunterschied besteht darin, dass ein Anhörungsbogen an den mutmaßlichen Täter geschickt wird, wenn die Behörde glaubt, den Fahrer bereits identifiziert zu haben. Ein Zeugenfragebogen hingegen wird verschickt, um den Fahrer ausfindig zu machen, wenn unklar ist, wer gefahren ist. Der Zeugenfragebogen geht in der Regel an den Fahrzeughalter.
➜ Der Zeugenfragebogen verpflichtet zur wahrheitsgemäßen Aussage über andere Personen, nicht zur Selbstbelastung.