Was ist das Günstigkeitsprinzip im Arbeitsrecht?

Was ist das Günstigkeitsprinzip im Arbeitsrecht?

Inhalt:

Definition: Günstigkeitsprinzip

Nach dem Günstigkeitsprinzip kann zum Vorteil von Arbeitnehmern von zwingenden arbeitsrechtlichen Vorgaben abgewichen werden. Gibt es mehrere Gesetzesquellen, die inhaltlich voneinander abweichen, ist in der Regel die gültig, die für den Arbeitnehmer am günstigsten ist.

Was gilt, Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag?

Wenn zwei Rechtsquellen (zum Beispiel Arbeitsvertrag und Tarifvertrag) widersprüchliche Aussagen enthalten, muss die Hierarchie der Rechtsquellen beachtet werden. In der Regel gilt dann die Bestimmung aus der Rechtsquelle, die in der Normenhierarchie weiter oben steht.

Normenhierarchie im deutschen Arbeitsrecht
Normenpyramide im Arbeitsrecht


Grundsätzlich gilt im Arbeitsrecht die folgende Reihenfolge der Rechtsquellen:

  1. Unmittelbar geltendes Recht der EU
  2. Zwingende Gesetzesbestimmung
  3. Zwingende Bestimmung im Tarifvertrag
  4. Zwingende Bestimmung in einer Betriebsvereinbarung
  5. Bestimmungen des individuellen Arbeitsvertrags
  6. Nicht zwingende Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung
  7. Nicht zwingende Bestimmungen einer Tarifvertrag
  8. Nicht zwingende Gesetzesbestimmung
  9. Weisungsrecht (§ 611a BGB) oder Direktionsrecht (§ 106 GewO)

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Günstigkeitsprinzip in Tarifverträge

Das Günstigkeitsprinzip in Tarifverträgen regelt das Tarifvertragsgesetz in § 4 Abs. 3 TVG: Abmachungen, die vom Tarifvertrag abweichen, sind nur dann zulässig, wenn diese zugunsten des Arbeitgebers ausfallen. Darüberhinaus sind Änderungen auch dann möglich, wenn die entsprechende Klausel im Tarifvertrag dies explizit zulässt.

Günstigkeitsvergleich

Der Günstigkeitsvergleich im Arbeitsrecht dient der Feststellung, welche Regelungen für Arbeitnehmer günstiger sind. Dabei wird unterschieden zwischen individuellen und kollektiven Günstigkeitsvergleichen, abhängig davon, ob einzelne Arbeitnehmer oder die gesamte Belegschaft betroffen sind.

Schutzprinzip im Arbeitsrecht

Das Schutzprinzip im Arbeitsrecht garantiert, dass in einem Arbeitsvertrag keine Nachteile gegenüber höherwertigen Rechtsnormen entstehen. Arbeitnehmer haben das Recht auf Regelungen, die objektiv günstiger sind als andere gesetzliche, tarifvertragliche oder betriebliche Regelungen.

Das Günstigkeitsprinzip spielt eine entscheidende Rolle im deutschen Arbeitsrecht und sorgt dafür, dass Arbeitnehmer vor benachteiligenden Regelungen geschützt werden. Es gewährleistet, dass die vorteilhaftesten Regelungen zum Tragen kommen, wenn sie im Interesse der Arbeitnehmer sind.
 

Beispiel für das Günstigkeitsprinzip

Dieses Beispiel soll die Anwendung des Günstigkeitsprinzips veranschaulichen:

  • Im Arbeitsvertrag von Person A sind 16 Tage Jahresurlaub bei einer 5-Tage-Woche vereinbart 
  • Laut Betriebsvereinbarung stehen Person A jedoch 18 Tage Urlaub zu
  • Der Mindesturlaub bei einer 5-Tage-Woche liegt nach dem Bundesurlaubsgesetz bei 20 Tagen

→ Nach dem Günstigkeitsprinzip stehen A 20 Tage Urlaub zu, denn diese Regelung ist am günstigsten.

Günstigkeitsprinzip für den Arbeitgeber

Das Günstigkeitsprinzip im Arbeitsrecht gilt nur für Arbeitnehmer, nicht für Arbeitgeber. Da Arbeitnehmer in struktureller Abhängigkeit des Arbeitnehmers stehen, werden sie als besonders schutzbedürftig angesehen und profitieren von einigen Sonderregelungen wie dem Prinzip der Günstigkeit.

Günstigkeitsprinzip im Familienrecht

Neben dem Arbeitsrecht findet das Günstigkeitsprinzip auch in anderen Rechtsgebieten, zum Beispiel im Familienrecht, Anwendung. Beispielsweise wird bei Kindern mit Elternteilen unterschiedlicher Staatsangehörigkeit das Abstammungsrecht angewendet, das günstiger für das Kind ist.

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