Der typische Weg vor das Sozialgericht beginnt mit einem behördlichen Bescheid, gegen den Sie zunächst Widerspruch einlegen, etwa die Ablehnung eines Pflegegrads oder ein zu niedriger Grad der Behinderung. Ist auch der Widerspruch offiziell abgelehnt, bleibt oft nur noch der Klageweg.
Die Klage wird grundsätzlich schriftlich beim zuständigen Sozialgericht eingelegt. Das Gericht bestätigt den Eingang und informiert die Gegenseite, in der Regel eine Behörde.
In der folgenden Phase ermittelt das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Das bedeutet: Es prüft unabhängig alle wichtigen Umstände, zieht bei Bedarf Akten bei und kann ein medizinisches oder anderes Sachverständigengutachten einholen. Zur weiteren Klärung werden die Parteien zu einer mündlichen Verhandlung geladen, in der alle Argumente und Beweise präsentiert werden.
Wenn sich die Parteien gütlich einigen, wird das Verfahren durch einen Vergleich oder ein Anerkenntnis beendet.
Einigen sich die Parteien nicht gütlich durch Vergleich oder Anerkenntnis, entscheidet das Sozialgericht durch Urteil oder Gerichtsbescheid. Die gerichtliche Entscheidung kann entweder schriftlich oder direkt im Anschluss an die Verhandlung verkündet werden.
Wird gegen das Urteil des Sozialgerichts Berufung eingelegt, fällt die Zuständigkeit an eines der 14 Landessozialgerichte.
Die dritte Instanz der Sozialgerichtsbarkeit in Deutschland ist das Bundessozialgericht mit Sitz in Kassel.
Sozialgerichte sind für Streitigkeiten zwischen Bürgern und den (meisten) Sozialverwaltungen, wie Rentenversicherung, Krankenversicherung oder Jobcenter, zuständig. Typische Klagen am Sozialgericht beschäftigen sich mit abgelehnten Leistungen oder fehlerhaften Bescheiden.
Die Sozialgerichte sind zuständig für Klagen aus folgenden Sachgebieten:
Nicht zuständig sind Sozialgerichte etwa bei Streit um BAföG, Kindergeld oder gegenüber dem Jugendamt. Dafür sind Verwaltungs- oder Finanzgerichte vorgesehen.
Eine Klage am Sozialgericht hat insbesondere dann Aussicht auf Erfolg, wenn der ablehnende Bescheid der Behörde fehlerhaft oder unvollständig ist. Erfolgversprechend sind Klagen etwa bei klarer Gesetzeslage zugunsten des Betroffenen, offensichtlichen Fehlern im Verwaltungsverfahren oder wenn die vorgelegten Beweise überzeugend sind.
Auch die Qualität der Beweise, wie ärztliche Atteste bei Streit um Erwerbsminderungsrente oder Nachweise über Einkommen bei Arbeitslosengeld, kann ausschlaggebend sein. Aber auch formale Punkte wie die fristgerechte Klageerhebung sind entscheidend.
Ihre Chancen auf eine erfolgreiche Klage am Sozialgericht sind relativ schlecht, wenn die Beweislage dünn ist oder Formalien und Fristen nicht eingehalten werden.
Im Zweifelsfall spart eine frühe Beratung durch einen Anwalt für Sozialrecht Ihnen Zeit, Stress und Geld. Denn der Rechtsanwalt hat schon zahlreiche ähnlich gelagerte Fälle gesehen und kann nicht nur Ihre Chancen realistisch einschätzen, sondern auch die Klageschrift und die Einhaltung der Fristen für Sie übernehmen.
Viele Klageverfahren am Sozialgericht brauchen Zeit. In Deutschland dauert es durchschnittlich mehr als anderthalb Jahre (17,9 Monate), bis ein Urteil ergeht.
Die Dauer hängt vom Einzelfall ab – einfache Fälle ohne Gutachten können innerhalb weniger Monate abgeschlossen werden, komplexere Verfahren oder solche mit umfangreicher Beweisaufnahme ziehen sich mitunter erheblich länger. Aber auch die Auslastung der Sozialgerichte spielt bei der Dauer des Verfahrens eine Rolle.
Der statistische Bericht der Sozialgerichte zeigt, dass es auch zwischen den Bundesländern große Unterschiede in der durchschnittlichen Dauer der Sozialgerichtsverfahren gibt.
Durchschnittliche Dauer, bis ein Verfahren vor dem Sozialgericht erledigt ist:
Bayern: 12,0 Monate
Berlin: 18,8 Monate
Baden-Württemberg: 13,9 Monate
Thüringen: 16,3 Monate
Schleswig-Holstein: 23,6 Monate
Saarland: 18,4 Monate
Mecklenburg-Vorpommern: 20,5 Monate
Rheinland-Pfalz: 14,3 Monate
Sachsen: 19,6 Monate
Nordrhein-Westfalen: 16,4 Monate
Niedersachsen: 21,0 Monate
Hessen: 20,0 Monate
Brandenburg: 23,3 Monate
Sachsen-Anhalt: 27,6 Monate
Bremen: 18,8 Monate
Hamburg: 21,0 Monate
Verliert die Klägerin oder der Kläger die Klage, ist das Urteil rechtskräftig, sofern keine Berufung eingelegt wird. Der unterlegene Bürger muss seine eigenen außergerichtlichen Kosten, insbesondere die Anwaltskosten, meistens selbst tragen. Gerichtskosten fallen bei sozialrechtlichen Klagen durch Bürger normalerweise nicht an. Eine Kostenerstattung an die Behörde erfolgt nur in seltenen Ausnahmefällen, etwa wenn das Gericht ein missbräuchliches oder verschlepptes Verfahren feststellt.
Wer mit dem Urteil nicht einverstanden ist, kann innerhalb eines Monats Berufung zum Landessozialgericht einlegen, sofern der Streitwert oder die Bedeutung des Falles dies zulassen. Andernfalls ist das Verfahren beendet.
Wenn Sie den Prozess am Sozialgericht gewinnen, werden Ihnen die Kosten für Ihren Rechtsanwalt in der Regel erstattet. Verlieren Sie den Prozess, müssen Sie die Anwaltskosten selbst tragen.
Je nach Police trägt möglicherweise auch Ihre Rechtsschutzversicherung die Kosten für den Anwalt bei einer sozialgerichtlichen Klage.
Kosten für einen Sachverständigen fallen für Sie nur an, wenn Sie einen bestimmten Arzt benennen und das Gericht keine Kostenerstattung anordnet. Üblicherweise ist ein Kostenvorschuss von mindestens 500,00 € zu leisten, der je nach Falllage variieren kann. Sollten die tatsächlichen Kosten den Vorschuss übersteigen, sind auch diese von Ihnen zu tragen.
Zahlreiche Rechtsschutzversicherungen enthalten einen Baustein für Sozialrecht. Überprüfen Sie daher genau die Police Ihrer Versicherung. Eine Kostendeckung besteht allerdings in der Regel erst, nachdem auch der Widerspruch abgelehnt wurde.
Im ersten Schritt wird eine Deckungszusage für Ihren konkreten Fall von der Versicherung benötigt, damit sicher ist, dass die Kosten für Anwalt, Verfahren etc. übernommen werden. Gerne übernehmen wir bei Hopkins Rechtsanwälten kostenfrei die Deckungsanfrage bei Ihrer Rechtsschutzversicherung.
Eine Klage am Sozialgericht kann in der Erstinstanz grundsätzlich ohne Anwalt eingereicht und geführt werden. In den meisten Fällen ist es dennoch ratsam, einen Rechtsanwalt für Sozialrecht hinzuzuziehen. Denn dieser kennt die Rechtslage bestens, hat Erfahrung aus zahlreichen ähnlichen Fällen und kennt alle Fallstricke, die bei Klageeinreichung und Prozessführung warten könnten.
Immer wieder führt die frühzeitige Einschaltung eines Anwalts dazu, dass ein Gang vor das Sozialgericht gar nicht mehr nötig ist. Die Kombination aus fachlicher Expertise, Kenntnis der Rechtslage und hoher Durchsetzungskraft sorgt in zahlreichen Fällen dafür, dass eine außergerichtliche Einigung mit der Gegenseite (etwa der Pflegekasse) möglich ist.
In Berufungsverfahren vor den Landessozialgerichten besteht keine Anwaltspflicht. Erst vor dem Bundessozialgericht müssen Sie sich auf jeden Fall von einem Rechtsanwalt vertreten lassen.